Der endende Kreis - Eine Trilogie:

Roman

Zufall ist ein Wort ohne Sinn; nichts kann ohne Ursachen existieren. - Coincidence is a word without meaning; nothing can exist without causes. - La coïncidence est un mot sans signification ; rien ne peut exister sans causes. - Coincidencia es una palabra sin significado; nada puede existir sin causas.
sagte schon Voltaire!

Prolog - Erinnerungen

Los Angeles.
Mitten im Hochsommer - hundert Grad Fahrenheit blinkte das Display am Wolkenkratzer, dort wo der Wilshire Boulevards begann - weckte eine fett gedruckte Zeitungszeile in der Spalte »Verschiedenes« die Aufmerksamkeit von zwei Menschen. Beide Personen wohnten in verschiedenen Stadtteilen und die Mitteilung in der Rubrik Verschiedenes signalisierte für sie grundsätzlich ein völlig anderes Erkennungszeichen. Die Annonce lautete:

»Ich will nicht, und es geht nicht! A.Z.«

Am Spätnachmittag, kurz bevor die glutrote Sonne im Pazifik untertauchte, entdeckten zwei Polizeibeamte die von Fliegen umschwärmte Leiche eines Mannes. Der Tote saß in einem Jaguar, der in einer Parkbucht einer Straße von Downtown stand.
Der herbeigerufene Arzt diagnostizierte: Todesursache durch einen Herzschuss!
Der 38er Colt lag neben dem Kupplungspedal und die Brandspuren im hellblauen Oberhemd offenbarten, der Schuss war aus nächster Nähe abgefeuert worden. Erste Beurteilung der Beamten: Ein Selbstmord.
Auf dem Beifahrersitz lag eine Zeitung, in der jener Satz unter der Rubrik »Verschiedenes« mit blauer Tinte eingekreist war und aus dem die schwarzen Lettern in das Auge piekte.
Sonst nichts!
Keine Papiere, keine Geldbörse oder dergleichen.

Die Polizei musste Nachforschungen einleiten und wurde in der ersten schriftlichen Zusammenfassung des Freitods von der Meldung eines anderen Reviers überrascht, dass in dem Stadtteil Santa Monica der Industrielle Alexander Zipidis erschossen wurde, Kopfschuss, aus einer Entfernung von zirka sechs Metern. Das war ein Mord und der Schütze musste ein Könner sein, denn trotz Hunde und Leibwächter war er unerkannt entkommen.
In Los Angeles starben jeden Tag Menschen durch die Hand eines anderen. Hier aber war eine Parallele zu verzeichnen, gab es da eine Verbindung?
Eine nicht unberechtigte Frage, denn gleichsam in Downtown, fand die Polizei bei Zipidis auch eine Zeitungsausgabe mit der Annonce - und mit Kugelschreibermine blau eingekreist. Die Nachforschung in der Anzeigenaufnahme der Zeitung ergab, dass der Auftraggeber: »Ich will nicht, und es geht nicht! A.Z.«, diesen Text anonym in einem Briefumschlag, in dem auch der Geldbetrag steckte, eingesandt hatte.
Am nächsten Tag blätterten vier Menschen in der Zeitung: Drei suchten den Name Zipidis und ein vierter studierte die Annoncenspalten. Einer von ihnen war der Killer, der betrachtete mit diabolischem Grinsen das Bild des Toten Zipidis; sein Grinsen erfror aber beim Weiterlesen - den goldenen Keros und das Amulett sollte er geraubt haben! Er kam gar nicht dazu!
Die beiden Leibwächter mit den Hunden rannten um die Hausecke.
Sein Auftraggeber wollte den Keros zurück, obwohl Zipidis ihn nicht gestohlen hatte, das war ein anderer, ein nicht bekannter Dieb; und es war vereinbart, dass Zipidis in der Zeitung die Rückgabe annoncieren sollte, unter der Rubrik »Verschiedenes« mit der bejahenden Zeile: »Ich will, und ich kann! A.Z.« Mit dem veröffentlichen Satz »Ich will nicht, und es geht nicht! A.Z.«, hatte Zipidis sein Todesurteil gesprochen. Wer hatte nun die Altertümer mitgenommen?
Der Deutsche? Hatte Zipidis ihm diese verkauft?

Der zweite Mann hieß Benny Burr, ein vielfacher Millionär und Unterweltboss. Er war wütend und zufrieden zugleich. Der Killer hatte seinen Auftrag ausgeführt. Aber den Keros hatte er nicht! Den wollte er, kein Mensch durfte sich einem Benny Burr widersetzen. Benny Burr rief verschiedene Leute an und wurde von verschiedenen Leuten angerufen.
Eine Stimme signalisierte ihm überzeugend, der deutsche Besucher war der neue Besitzer des Keros und das Amulett ließ der Dieb auch gleich mitgehen. Der Mensch dieser Stimme musste weitreichende Kenntnisse von Zipidis' Haus besitzen, denn er schilderte den Tathergang sehr genau.
Benny Burr rief den Killer an und befahl, den Dieb zu erschießen. Entweder hatten die begehrten Gegenstände schon den dezidierten Besitzer erreicht oder der Deutsche besaß sie noch. Im ersten Fall musste man noch lange Wege gehen, um diese zurückzubekommen, und wenn sie noch im Besitz des Deutschen waren, konnte man sie in seinem Gepäck finden. Um den Deutschen war es in beiden Fällen nicht schlimm. Der gedungene Mörder begann die Suche nach seinem Opfer.

Er spürte den Deutschen in einem Hotel auf. Dort saß er an der Bar und eine junge Frau leistete ihm Gesellschaft.
In standfester Position, in dem Terrain hielt sich kein Gast auf, stellte sich der Mörder hin und hob mit ausgestreckten Armen die schwere Pistole. Er zielte bedächtig, seine Augen nahmen Maß über die Arme und Hände und dem Pistolenlauf. Das Korn war der Mittelpunkt des seitlichen Kopfs.
Der rechte Zeigefinger krümmte sich, mit hartem Knall löste sich der Schuss.
Er ging daneben!
Er zielte noch mal und drückte ab. Wieder eine Fahrkarte!
Dann hörte er den Knall einer fremden Waffe und ein Stück Blei pfiff über seinen Kopf hinweg. Der Mörder fluchte, spannte den Hahn und suchte den plötzlichen Gegner.
Er sah ihn und reaktionsschnell schoss er in die neue Richtung. Er wollte nochmal Mal abdrücken. Er kam nicht dazu. Ein stechender Schmerz bohrte sich in seine Brust. Es wurde ihm schwarz vor den Augen und ein Nichts mit Überschall sog sein Bewusstsein auf.

Der dritte Mann hieß Fennimore Hooper.
Er wusste nicht, wie hoch seine Vermögenswerte standen, dafür reichten seine Ohren in viele Büros und Wohnzimmer der Einwohner von L.A. und er wurde bestens informiert. Dabei musste er nicht dunklen Geschäften nachgehen, das hatte sein Großvater schon getan. Durch Alkohol und Zigarettenschmuggel waren die Hoopers reich geworden, aber das war schon lange her. Abgewunken und vergessen, welcher Pinscher wollte da noch kläffen!