Ein magischer Thriller und ungewöhnliche Liebesgeschichte.
Manchmal müssen wir ein Opfer bringen, damit die Liebe in ein Paradies führt.
Leseprobe
ISBN-EBook: 978-3-7502-2158-1
Glücklich! Glücklich! Dich hab ich gefunden,
Hab aus Millionen dich umwunden,
Und aus Millionen mein bist du.
Lass das wilde Chaos wiederkehren,
Durcheinander die Atome stören,
Ewig fliegen sich unsre Herzen zu.
(Friedrich Schiller, philos. Briefe)
»Diebstahl, Hurerei, Raub, Mord, Ehebruch, Treulosigkeit, Manipulation, Wörter verdrehen, die Ahnungslosigkeit der
Mitmenschen ausnützen, – mit alldem verdient ein Anwalt sein Geld.
Das ist nicht gediegen«, wetterte meine Mutter, als ich mich zum Jurastudium anmeldete.
»Du hast recht«, antwortete ich. »Alle die Dinge, die du nanntest sind schlimm.
Aber wenn ich dich beim Fernsehen oder beim Schmökern eines Romans sehe, wie deine Augen leuchten,
deine Nase und Lippen beben oder deine Finger zittern, wenn du die Seiten umblätterst,
möchte ich dir die Frage stellen: Hast du erkannt, wer die oder den Mörder zur Strecke bringen?
Sind das Bösewichte oder Helden?«
»Du willst mich reinlegen! Du erwartest, dass ich sage: Die Morde kommen im Krimi vor, in erfundenen
Geschichten. Ich sage nichts!«
Das Gespräch war beendet. Mutter drehte sich um und ging in die Küche.
So ganz zufrieden mit mir war ich nicht!
Es lag mir nicht, meine Mutter zu erzürnen oder gar zu betrüben. Aber es war oft quichottisch, gegen die wallenden Emotionen meiner Mutter anzurennen.
Ich tröstete mich mit meinem Vater.
Mein Vater, ein stets glücklicher Däne, brachte mit seinem schwarzen Humor Ma oft an den Rand des Wahnsinns,
war verständig, blieb ruhig, bejahte meine Entscheidung, sah mich als ein Kämpfer für das Recht und legte
mir wiederholend den Anspruch Goethes ins Herz:
Wer nicht von dreitausend Jahren,
Sich weiß Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben.
Goethe, West-östlicher Divan
In den ersten Jahren erkannte ich nicht, was meinen alten Herrn bewegte, wenn er versuchte, mit viel und
weniger viel Erfolg, uns Kindern zu erklären: Wer die Geschichte der Menschheit nicht kennt, ist dumm.
Seinen ganzen Grimm feuerte er auf die Geschichtslehrer, die nach seinem Wissen nicht einmal die
jüngste Geschichte kannten. Weit ausholend konnte er uns mit kleinsten Details die Völker und deren
Auf- und Abstieg vor Augen halten.
Wir fanden das teils aufregend und zum anderen Teil langweilig.
Peinlich für uns alle wurde es, als Vater zweimal in der Schule vorstellig wurde und die Lehrer belehren
wollte, was sie alles nicht wussten und falsch darstellten - die sich natürlich angegriffen fühlten und
gallsüchtig reagierten.
Im 6. Schuljahr begann ich den Lehrstoff zu hinterfragen, bezweifelte manches und stellte erschütternd
fest, mein Vater hatte mit seiner Kritik an den Fächern Physik, Mathematik und Geschichte recht.
Newtons Gravitationsgesetz wurde trotz neuer Forschung einfach weiter falsch gelehrt. Und Geschichte!
Trotz neuesten Entdeckungen, neuer Dokumente, leierten meine Pauker den verstaubten Stoff herunter.
Durch die Beulen, die sich mein Vater in der Schuldirektion holte, festigte sich meine Erkenntnis darin:
Einen Basaltstein konnte man mit einem Meißel aus Kupfer nicht behauen – und Vaters Meinung: Der Mensch,
der die Vergangenheit nicht kennt, dem ist die Gegenwart und die Zukunft ein schwarzes Loch.
Die Verse unseres großen Dichters wurden mir Mahnung und sogleich auch Ansporn, die Vergangenheit zu lernen.
Die Lehrer schob ich im Geiste zur Seite und studierte Geschichte aus allen mir zugänglichen Quellen.
Wie ein Maulwurf durchs Erdreich, wühlte ich mich durch die Bibliotheken. Mit jeder Seite neuer Auffindungen,
wuchs das Bedürfnis nach mehr Wissen.
Die Zeitalter mit ihren Stärken und Schwächen zu begreifen, das Recht und die Rechtsauffassungen
in den Reichen zu kennen, pumpte ich in mein Gehirn.Das Ergebnis war: Ich meldete mich zum Jurastudium an.
Dabei faszinierte mich besonders die Geschichte des römischen Rechts. Es war Wahlbestandteil im Teilbereich
drei Schwerpunkt der Fundamente Europäischer Rechtsordnungen, Römisches Privatrecht.
Es löste bei mir großes Behagen aus, das große Vorbild zu studieren. Umso mehr ich in das römische Recht
hineindenken konnte, stellte ich fest, es gab mir das praktische Gespür, ja die intellektuelle Brillanz,
die gedankliche Schärfe und eine treffsichere Wertung. Ich fand den Schluss, dass die römischen Juristen
der ersten nachchristlichen Jahrhunderte in diesem Recht unerreicht waren.
Genugtuung bereitete mir das Wissen, dass der »Corpus iuris civilis«, eine Sammlung des römischen Rechts
durch Kaiser Justinian, in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen fortlebte und ihr Fundament war.
Damals konnte ich nicht erahnen, dass dieses Fundament, auf dem sich manche Geister voller geschwollener
Brust beriefen, sie es dann waren die es auszehrten - und ich haderte.
Nach dem Untergang des Römischen Reichs, das ja nie in einem großen Krieg unterging, sondern von innen
verfaulte, wurde zur Rechtsordnung in dem europäischen Heiligen Römischen Reich das kaiserliche Gesetzbuch,
genannt die »Goldene Bulle«, als weiteres Gesetzgebungsverfahren eingeführt.
Ewig allmächtiger Gott, einzige Hoffnung der Welt, der du bist der Schöpfer des Himmels und der Erden, gedenke Deines Volkes und lass deinen himmlischen Blick gnädig auf ihm ruhen, und dass es seine Schritte niemals dorthin wende, wo Erinys Rache wütet, Allectos Befehle gebieten und Megaeras Gesetze herrschen.
Ein jedes Reich, das der Zweitracht verfällt, wird in sich zusammenbrechen,
weil seine Fürsten sich zu Gefährten von Räubern und Dieben gemacht haben.
Gott der Herr hat sie mit dem Geist der Finsternis erfüllt, so dass sie am hellen Tage dahintappen
wie in dunkler Nacht, und ihnen das Licht genommen, auf dass sie Blinde sind und Blindenführer;
denn wer da wandelt in der Finsternis,
taumelt von Stein zu Stein, und wer blinden Geistes ist,
tut Böses in Zwietracht und Streit.
( aus der »Die Goldene Bulle von 1356«)
Diese »Goldene Bulle« sollte neben dem römischen Privatrecht, die Modalitäten der Wahl, der Krönung
der römisch-deutschen Könige und Kaiser durch die Kurfürsten fest als Statut dokumentieren.
Geboren wurde der Wunsch, die Auffassung, zur Zeit der Staufer, dass der König und Kaiser als
die Quelle des alten Rechtes anzusehen sei und ihm eine Gesetzgebungsfunktion zukommen musste.
Dies war eine Folgerung, dass das Reich in die Tradition des römischen Rechts und damit dieser
Rechtsauffassungen fortbestehen sollte. Bei meinem Studium festigte sich meine vom Vater formulierte
Auffassung, dass seit der über 5000 Jahre menschlicher Geschichte, genug Erfahrungen gesammelt
wurden und es grundsätzlich nichts Neues gab, und man das Alte nur noch verbessern konnte.
Gewohnt wie ein Maulwurf zu arbeiten, wühlte ich mich durch das Studium.
Keine Vorlesung wurde versäumt. Vergnügen meines nichtöffentlichen Lebens kannte ich kaum.
Partys, zu denen ich eingeladen war, gediehen stets zur schalen Unterhaltung. Gelangweilt und
fast abgestoßen beim Anblick kaum der Pubertät entwachsener Frauen, die mit affiger Wollust ihre
Brüste in offenen Blusen darboten. Das mochte ich überhaupt nicht. Nur selten und wenige Minuten
war ich oft auf solchen Vorführungen zu sehen.
